Ab-initio-Untersuchung von Zinnoxiden

Ab-initio-Untersuchung von Zinnoxiden

Default-Image-Projects Default Image - ProjectHessen Agentur/Jürgen Kneifel

Einleitung

Zinnoxide mit verschiedenen Zusammensetzungen: Auf dem Weg zum elektronischen Bauelement Zinn ist ein ungiftiges Schwermetall, das schon seit über 5.000 Jahren vom Menschen gefördert, verarbeitet und für Bronzelegierungen verwendet wird. In der Natur kommt Zinn meistens als Zinndioxid (SnO2) vor, das heutzutage vielseitig eingesetzt wird: Für Gassensoren, als Katalysatormaterial, als transparenter Halbleiter in Flüssigkristalldisplays (LCDs), aber auch als Polier- und Versiegelungsmittel. In der Grundlagenforschung sind die Eigenschaften von Zinndioxid sowohl theoretisch als auch experimentell bereits gut untersucht. Allerdings bildet Zinn auch ein Monoxid (SnO), das deutlich andere elektronische Eigenschaften hat als das Dioxid. In Kombination sind das Monoxid und das Dioxid interessant für zusammengesetzte Halbleiterbauelemente wie zum Beispiel Dioden, die womöglich einfacher zu fertigen sind als Bauelemente mit mehreren verschiedenen Materialien. Vor allem aber werden im Moment noch viele seltene oder umweltschädliche Materialien für Halbleiteranwendungen benutzt, so dass der Einsatz von unbedenklichen und auf der Erde häufigen Materialsystemen wie den Zinnoxiden deutliche ökonomische und ökologische Fortschritte verspricht. Darüber hinaus gibt es noch weitere Oxidphasen mit anderen Zusammensetzungen, wie beispielsweise Sn2O3 oder Sn3O4. Diese Phasen entstehen, wenn Zinnmonoxid erhitzt wird, aber womöglich können sie auch gezielt hergestellt werden. Die Eigenschaften des Monoxids und insbesondere die der Zwischenphasen sind allerdings noch nicht so gut erforscht wie die des Dioxids, deshalb untersuchen wir diese Materialien in unserem Zinnoxid-Projekt mithilfe theoretischer Rechnungen und Simulationen in enger Zusammenarbeit mit experimentell arbeitenden Gruppen.

Methoden

Für die Zwischenphasen muss zunächst geklärt werden, welche Stöchiometrie vorliegt. In Frage kommen Zusammensetzungen mit 40 bzw. 43 Atomprozent Zinn (Sn2O3 bzw. Sn3O4), für die dann noch die genaue Kristallstruktur geklärt werden muss. Dazu haben wir Rechnungen mit einem sogenannten Evolutionsalgorithmus durchgeführt. Dabei werden Kristallstrukturen modifiziert und miteinander vermischt, danach wird festgestellt, ob die neu entstandenen Strukturen energetisch stabiler sind, und anschließend beginnt der Zyklus mit den jeweils stabilsten Strukturen von neuem - also ganz analog zur Evolution in der Biologie. Für alle Zinnoxide haben wir dann Berechnungen zur elektronischen Struktur durchgeführt (Zustandsdichten, Bandstrukturen), außerdem auch Rechnungen zu optischen Eigenschaften (Raman-Streuung). Diese Ergebnisse werden jetzt mit den experimentellen Befunden verglichen, um zu klären, welche Phasen im Experiment unter welchen Bedingungen vorliegen und wie man ihre Eigenschaften gezielt verändern kann. Darüberhinaus untersuchen wir auch die Veränderung der elektronischen und optischen Eigenschaften der Zinnoxide unter Einwirkung von äußerem Druck und Verspannungen, weil diese Parameter neben Dotierungen eine Möglichkeit darstellen, Materialeigenschaften gezielt so zu verändern, wie sie für Anwendungen benötigt werden.

Ausblick

Für 2015 sind mehrere Veröffentlichungen zu den Ergebnissen unserer Arbeit an den Zinnoxiden geplant.

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