Simulationsrechnungen zur Photoproduktion von ω-Mesonen
Einleitung
Das Standardmodell der Elementarteilchenphysik beschreibt die Interaktion von Teilchen anhand von fundamentalen Kräften, die durch den Austausch von Eichbosonen vermittelt werden. Eine dieser Kräfte ist die starke Wechselwirkung (Quantenchromodynamik, kurz QCD), welche z. B. attraktiv auf die Nukleonen innerhalb eines Atomkerns wirkt. Eine Besonderheit dabei ist, dass die „Übermittler“ der Kraft, die Gluonen (von engl. glue: Kleber), selbst der Wechselwirkung unterliegen. Dies führt u. a. dazu, dass man aus den grundlegenden Prinzipien der Theorie nur schwer exakte Vorhersagen für zusammengesetzte Teilchen treffen kann. Die Eigenschaften von stark wechselwirkenden Teilchen (Hadronen), z.B. Mesonen, sind Forschungsgegenstand mehrerer Beschleunigerexperimente weltweit.
Methoden
Es wird untersucht, inwieweit sich durch die Anwesenheit der Nukleonen eines Atomkerns die Eigenschaften von freien Mesonen wie Lebensdauer, Zerfallskanäle oder Ruhemasse ändern. Dies würde Hinweise darauf liefern, dass eine fundamentale Symmetrie der Quantenchromodynamik zumindest partiell wiederhergestellt werden kann.
Ergebnisse
Erste Hinweise zu Modifikationen von ω-Mesonen im nuklearen Medium wurden in (Kotulla et al.) [1] veröffentlicht. Dabei wird die Produktion der ω-Mesonen durch hochenergetische Photonen an verschiedenen Atomkernen untersucht und diese durch den Zerfall in drei Photonen mit entsprechenden Detektoren nachgewiesen. Durch Messung der Mesonen-Ausbeute konnte im Vergleich zu theoretischen Vorhersagen [2] eine Verkürzung der Lebensdauer des ω-Mesons in Kernmaterie nachgewiesen werden. Von Interesse ist auch, dass gebundene Zustände eines neutralen ω-Mesons an den Atomkern existieren könnten, die nur durch die starke Wechselwirkung gebildet werden. [3] Theoretische Vorhersagen liegen nur für die Bildung von quantenmechanischen Zuständen eines solchen ω-mesischen Kerns vor. Der Zerfall in den zu beobachtenden Kanal und eine mögliche Endzustandswechselwirkung der Zerfallsprodukte müssen jedoch für einen direkten Vergleich mit experimentellen Daten berücksichtigt werden. Solche Vorhersagen für zu erwartende Verteilungen der ω-Mesonen lassen sich durch Rechnungen mithilfe des Gießen Boltzmann-Uehling Uhlenbeck Transportmodells (GiBUU) realisieren. Dieses semiklassische Modell beschreibt die Dynamik von Hadronen in Raum und Zeit für gegebene Parameter. Zurzeit beinhaltet es 83 verschiedene Hadronen und beschreibt deren Freiheitsgrade in nuklearen Reaktionen inklusive Propagation, Kollisionen und Zerfällen im Energiebereich von einigen Megaelektronenvolt (MeV) bis einigen Gigaelektronenvolt (GeV). [4-6] Für unterschiedliche Szenarien von In-Medium Modifikationen des ω-Mesons, wie z. B. einer Lebenszeitverkürzung und/oder einer Verminderung der Ruhemasse, können nun Rechnungen durchgeführt werden, deren Ergebnis mit experimentellen Daten verglichen werden können. In Abb. 1 ist der Wirkungsquerschnitt der ω-Photoproduktion an Kohlenstoff für verschiedene In-Medium-Szenarien im Vergleich zu experimentellen Daten gezeigt. [7]
Ausblick
Für die Zukunft ist geplant, die Impulsabhängigkeit der Lebensdauerverkürzung in GiBUU zu implementieren ebenso wie das η‘-Meson, das bisher noch nicht berücksichtigt wurde, jedoch Gegenstand aktueller Datenanalysen ist.