Von ungewöhnlichen Gold-Komplexen zu komplizierten Bandstrukturen
Einleitung
In unserem Arbeitskreis wurden folgende Projekte mit Hilfe des Rechenclusters MaRC2 durchgeführt. Aufgrund der enormen Größe der berechneten Systeme, war der Einsatz eines Rechenclusters zwingend erforderlich. In Kooperation mit einem Arbeitskreis am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wurden im Rahmen einer Promotionsarbeit [1] Goldkomplexe synthetisiert. Dabei konnte unter anderem die Verbindung [Au10S6(PPh2)2(dppma2)4(dppma3)]∙[Au6S4(dppma2)2 (dppma3)] hergestellt werden.
Der Komplex besteht aus zwei neutralen Untereinheiten. Die größere Untereinheit beinhaltet zwei {Au5}-Fragmente. Sie umschließt die kleinere Untereinheit hufeisenförmig, welche ein {Au6}-Fragment beinhaltet.
Methoden
Zur Untersuchung möglicher Gold-Gold-Wechselwirkungen (Aurophilie) und zur Aufklärung der intermolekularen Bindungssituation wurden quantenmechanische Berechnungen, nämlich simultane Optimierungen der geometrischen und der elektronischen Struktur, mit Hilfe des Programmsystems TURBOMOLE V6.5 [2] durchgeführt. Dabei kamen Methoden der Dichtefunktionaltheorie (DFT) zum Einsatz. Zunächst musste überprüft werden, ob die angewandte Prozedur passend für die Aufgabenstellung sei. Hierfür wurden die experimentell erhaltenen Werte, wie Bindungslängen und -winkel, mit den Ergebnissen der Berechnung verglichen. Experiment und Theorie stimmten sehr gut miteinander überein, sodass die gewählte Methode als geeignet angesehen werden kann.
Als nächstes wurde untersucht, ob die zwischen Goldatomen typischen aurophilen Wechselwirkungen beobachtet werden könnten, die durch die relativ kurzen Gold-Gold-Abstände impliziert wurden. Eben diese Abstände korrelierten allerdings nicht mit den berechneten shared electron numbers (SEN), sodass die Vermutung nahe liegt, dass die Goldatome durch die sie umgebenden Strukturen in die beobachteten Konformationen gezwungen wurden.
Als letztes wurden die intermolekularen, dispersiven Wechselwirkungen zwischen den beiden neutralen Untereinheiten untersucht. Hierbei konnte gezeigt werden, dass die beiden Komplexhälften durch lediglich zwölf Wasserstoffbrückenbindungen zusammengehalten werden. Der Vergleich zwischen der totalen Energie des Komplexes und der Summe der totalen Energien der beiden Untereinheiten ergab eine Stabilisierung von insgesamt ca. -649,5 kJ·mol-1.
Ergebnisse
Es konnte mit Hilfe der angestellten quantenmechanischen Berechnungen gezeigt werden, dass die verwendete Methode geeignet ist, um die geometrische und elektronische Struktur des zuvor synthetisierten Gold-Komplexes zu optimieren. Ferner konnte dargelegt werden, dass es keine nennenswerten aurophilen Wechselwirkungen gibt und dass beide Untereinheiten des Komplexes über Wasserstoffbrücken zusammengehalten werden.
Neben solch großen Komplexverbindungen untersuchen wir auch „einfache“ ternäre Phasen der allgemeinen Formel AxMyChz (A: Alkalimetall, M: Gruppe 12-14 (Halb-)Metall, Ch: Chalkogen).
Solche Materialen besitzen zumeist Halbleitereigenschaften und werden im Arbeitskreis sowohl synthetisiert und experimentellen Untersuchungen unterzogen, als auch mithilfe quantenchemischer Rechnungen mit periodischen Randbedingungen (Vienna Ab-Initio Simulation Package, VASP) bezüglich ihrer elektronischen Struktur untersucht.
Ausblick
Mithilfe solcher Berechnungen können die Bandstrukturen von isolierten und hypothetischen Materialien bestimmt werden und somit ein fundamentales Verständnis der Struktur-Eigenschaften-Beziehungen gewonnen werden.